Den Auftakt machte Ulrich Meyer, Gründer und Geschäftsführer von Coffee First Consulting, mit seinem Vortrag „Von der Idee zur Realität: Produktinnovation als Erfolgstreiber“. Darin klärte er die Frage, warum es so schwer ist, Innovationen im eigenen Unternehmen umzusetzen. Denn eigentlich möchten die meisten Menschen gar nicht, dass sich Dinge verändern, so seine These. Daher habe Innovationsmanagement viel damit zu tun, die verschiedenen Gruppen in einem Unternehmen mitzunehmen.
Energy Sharing in der Stromcommunity
Ein zentrales Thema der Veranstaltung war das Energy Sharing im Rahmen einer Stromcommunity. Theodor Baumhoff, Principal Consultant bei PSW Energy, erläuterte in seinem Vortrag Geschäfts- und Bilanzierungsmodelle für Energieversorgungsunternehmen (EVU) und gab Tipps für die erfolgreiche Umsetzung.
Im Anschluss stellte ene't Geschäftsführer Roland Hambach verschiedene Stromcommunity-Modelle vor, u. a. für Mitarbeitende, Mieterinnen und Mieter, Vereine, Business und Gemeinden. Für Teilnehmende bietet eine Stromcommunity zahlreiche Vorteile. Dazu zählen beispielsweise die Emotionalisierung des Produktes Strom, günstigere Strompreise und für Prosumer höhere Erträge der eingespeisten Mengen. Das EVU profitiert durch eine stärkere Kundenbindung, eine bessere Marktwahrnehmung, den Verdienst an allen in der Community ausgetauschten Kilowattstunden sowie durch die Ersatzlieferung von Strom, wenn die Community-Mitglieder nicht genügend bereitstellen können.
Hendrik Schubert, Geschäftsführer von WeShareEnergy, und Willi Thelen, CEO von Centroplan Concepts, griffen das Thema des Business Energy Sharings auf und zeigten, wie Unternehmen den erzeugten Strom ihrer Photovoltaikanlagen unter anderem durch die konzerninterne Weitergabe an andere Standorte im Rahmen der Direktvermarktung am Strommarkt effizient nutzen können. Durch eine digitale Plattform und flexible Prozesse entsteht so ein neues Geschäftsmodell, das sowohl nachhaltig als auch wirtschaftlich ist.
Aus regulatorischer Sicht beleuchtete Lisa Strippchen, Senior Expertin Stromerzeugung bei der Deutschen Energie-Agentur (dena), das Thema Energy Sharing. Wer Strom an Letztverbraucher liefert, muss umfangreiche Lieferantenpflichten erfüllen. Das macht die Umsetzung komplex. Dabei ist die Vereinfachung dieser Lieferantenpflichten eine der wesentlichen Voraussetzungen, um Energy Sharing erfolgreich zu machen.
Abgerundet wurde der Themenkomplex durch den Vortrag von André Küpper, Leitung Vertrieb bei ene't, und Silvin Bumiller, Head of Operations bei WeShareEnergy. Sie stellten zwei reale Anwendungsfälle einer Stromcommunity vor. Zum einen die ene't Mitarbeiter & Friends Stromcommunity, bei der Strom aus der PV-Anlage des Firmengebäudes günstig an Mitarbeitende und Freunde weitergegeben wird, inklusive Peer-to-Peer-Handel zwischen allen Community-Mitgliedern. Zum anderen eine Bürgerstrom-Community, in der die Mitglieder den Strom aus gemeinschaftlich errichteten oder finanzierten Anlagen selbst nutzen können, anstatt lediglich finanziell davon zu profitieren.
„Von der Kohle zur KI“
In Clubraum Nord präsentierte Sascha Solbach, Bürgermeister der Stadt Bedburg, das innovative Konzept seiner Stadt für den Strukturwandel: „Von der Kohle zur KI“. Bedburg ist europäische Modellregion für Energieversorgungssicherheit. Wo früher Kohle gefördert wurde, wird Ende 2025 Strom aus über 175.000 Solarmodulen gewonnen, entlang der neuen „Energieautobahn“ A 44n. Auf Bedburger Stadtgebiet ist zudem eine Demonstrationsanlage für Agri-PV (Solarstromerzeugung und Landwirtschaft auf einem Acker) entstanden. Auf ehemaligem Tagebaugelände wurden bereits 26 Windkraftanlagen errichtet, neun weitere Anlagen sind im Bau. Bedburg ist zu 49 Prozent an den Windparks beteiligt, die Erträge werden in Schule und Bildung investiert.
Marktkommunikation im Wandel
Oliver Kunz, Leiter Dienstleistungen und des ene't Standorts Torgau, warf einen Blick auf die Marktkommunikation (MaKo) im stetigen Wandel. Dabei schöpfte er aus 15 Jahren Berufserfahrung im Bereich der MaKo vom Entwickler bis zum Entscheider. Seine Themen: Smart Meter (iMSys), Lieferantenwechsel in 24 Stunden, MaBiS-Hub und Webservice-APIs. Zu diesen Schwerpunkten konnte er seinen Zuhörern wertvolle Einblicke in die Praxis geben.
Blick auf das Stadtwerk der Zukunft
Um „Münster:dynamisch“, den dynamischen Tarif mit digitalem Home Energy Management System (HEMS) ging es beim Vortrag von Linda Klümper, Abteilungsleiterin Produktmanagement & Marketing bei den Stadtwerken Münster. Sie wagte einen Blick auf die strategische Bedeutung von Energiedienstleistungen, auf HEMS und den dynamischen Tarif für das Stadtwerk der Zukunft. Ebenso wie Dr. Manuel Lösch von InnoCharge ist sie der Meinung, dass der Wert von Flexibilität rasant steigt. Gleichzeitig ändere sich die Rolle des Energieversorgungsunternehmens: Aus Versorgern würden Marktintegratoren. Dynamische Tarife und HEMS spielen dabei laut Klümper eine Schlüsselrolle.
Mehr Transparenz durch Energiemanagement
Stefan Schmidt-Kolberg, Inhaber und Geschäftsführer von Skando Service, widmete sich als wettbewerblicher Messstellenbetreiber der Frage, warum und wie Gewerbekunden von Verbrauchstransparenz profitieren können. Dabei lautete seine Botschaft: Nicht der Preis, sondern der Verbrauch und eine energetische Optimierung der Betriebsabläufe sind für Endkunden der einfachste und sinnvollste Ansatz, Energiekosten einzusparen. Der zweite Teil des Vortrags beschäftigte sich mit dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG), das Unternehmen zur Überwachung ihrer Energieverbräuche verpflichtet, und zeigte, wie die Anforderungen des Gesetzes mittels eines Energiemanagement-Systems erfüllt werden können.
Kreativität als wichtige Zukunftsfähigkeit
Den Abschluss des Tages bildete der Vortrag von Marketingexperte Frank Dopheide, Gründer und Geschäftsführer von human unlimited, über Kreativität als die entscheidende Zukunftsfähigkeit des Menschen. Sie sei die Gabe, etwas Neues von Wert in die Welt zu bringen und ein wichtiges Gegengewicht zu Ratio und Effizienz. Mit den Worten „Befeuern wir unsere Kreativität“ entließ er das Auditorium in die Abendveranstaltung mit Stadionführung, DJ und intensiven Gesprächen.
Flexible Tarife als Chance
Im Clubraum Süd startete der zweite Veranstaltungstag nach der Begrüßung von Roland Hambach mit dem Vortrag von Dr. Manuel Lösch, Geschäftsführer von InnoCharge. Er klärte die Frage, warum sich Stromlieferanten heute neu erfinden müssen. Sein Fazit: „Flexibilität ist kein technisches Thema, sondern ein wirtschaftliches. Wer sie versteht, schafft Wert.“ Ihm zufolge ist Flexibilität die neue Währung des Strommarktes, die Wertschöpfung ermöglicht, wenn Geschäftsmodell, Prozesse, IT und Nutzererlebnis zusammenwachsen.
Mit flexiblen Tarifen beschäftigte sich auch Georg Sanders, Marketing Manager beim Internetportal „Mut-zum-Wechseln.de“ in Clubraum Nord. Er stellte zur Diskussion, wie viel Flexibilität der Verbraucher wirklich erträgt. Der Vortrag beleuchtete die Notwendigkeit flexibler Tarife, ihre Funktionsweise, die Voraussetzungen für ihre Implementierung und Strategien zur Steigerung ihrer Akzeptanz im deutschen Markt. Wichtige Bedingungen für eine Umsetzung seien neben einer besseren Aufklärung des Kunden vor allem Automatisierung und der flächendeckende Einbau von intelligenten Messsystemen. Auch die Einführung von Sicherheitsmechanismen wie Preisdeckel sowie von Bonus- und Belohnungsmodellen sind für ihn, ebenso wie die Kooperation mit E‑Auto- und Wärmepumpenanbietern, wichtige Meilensteine auf dem Weg zu mehr Verbraucherakzeptanz.
Schlüsseltechnologie Smart Grids
Die große Bedeutung von intelligenten Netzen und des Smart Meter Rollouts für den Energievertrieb unterstrich Richard Plum, Geschäftsführer des edna Bundesverbands Energiemarkt & Kommunikation e.V. und der PSW Energy GmbH. Ihm zufolge werden intelligente Netze den Energievertrieb revolutionieren, indem sie eine effizientere Steuerung und Nutzung des Stroms ermöglichen, u. a. durch Stromfluss-Überwachung, Lastspitzenkappung bzw. ‑ausgleich, das gezielte Schalten von Verbrauchern und Speichern und damit die bessere Integration erneuerbarer Energien. Der Smart Meter Rollout ist dafür essenziell, jedoch verläuft die Implementierung in Deutschland langsamer als geplant. Regulatorische Anforderungen, Datenschutzbedenken und technische Herausforderungen bremsen den flächendeckenden Einsatz.
KI in der Stromcommunity
Prof. Dr. Bodo Kraft von der FH Aachen wagte bei seinem Thema den Blick in die Glaskugel und sprach über die Chancen durch den Einsatz von KI für die Vorhersage von Lastprofilen unbekannter Kunden in einer Stromcommunity. Dabei versucht sein Team zu prognostizieren, wie sich ein neuer Teilnehmer einer Stromcommunity in Zukunft verhalten wird. Das Ziel ist, ein möglichst optimales Matching der Community-Mitglieder zu erreichen, um so die Ersatzstrommenge, die nicht von den Teilnehmenden geliefert werden kann und daher zugekauft werden muss, möglichst gering zu halten.
Digitalisierung in der Energiewirtschaft
Die Vorteile von BO4E (Business Objects for Energy) als offenem Kommunikationsstandard der Energiebranche stellten Peter Martin Schroer, Gründer von ene't und Vorsitzender der Interessengemeinschaft Geschäftsobjekte Energiewirtschaft e.V., sowie ene't Partnermanager Tim Steufmehl vor. Standardisierte Datenstrukturen sind für die Digitalisierung der Branche unverzichtbar. Als gemeinnütziger Verein hilft die Interessengemeinschaft Unternehmen durch ein speziell auf die Energiewirtschaft zugeschnittenes Modell, das mit einem einheitlichen Standard für einen reibungslosen Datenaustausch zwischen beliebigen Systemen sorgt.
Digitalisierung in der Energiebranche war auch das Thema von Sven Jansen, Geschäftsführer bei brandseven. Sein Vortrag verglich erlebte Realität mit bewährten Erfolgsmustern und stellte unterschiedliche Kriterien vor, die über Erfolg oder Scheitern entscheiden. Seine These: „Die Branche braucht weniger Hype und mehr Problemlösung von innen, dazu mutige Entscheidungen, um die richtigen Projekte zu fördern.“ Zum Ende seines Vortrags entließ er das Publikum mit einer provokanten Frage, die nachwirkte: „Wenn Sie ein Digitalisierungsprojekt in Ihrem Unternehmen heute beenden könnten, welches wäre es?“
Der Kunde im Fokus
Klaus Kreutzer, Geschäftsführender Gesellschafter von KREUTZER Consulting, legte in seinem Vortrag den Fokus auf den Kunden im sich wandelnden Energiemarkt. Er stellte die Frage, welche Erwartungshaltung und Präferenzen Kunden haben und was Energieversorger anbieten müssen, um eine Kundenbindung aufzubauen oder zu erhalten. Dabei stellt ihm zufolge die kostenoptimierte Steuerung der Anlagen einen wichtigen Mehrwert für Kunden dar. Der dynamische Tarif werde erst dann interessant, wenn vollautomatisierte Systeme (HEMS) die kostenoptimierte Steuerung übernehmen und Kunden dadurch ohne Komfortverlust Geld sparen können.
Alles in allem war die ene't connect 2025 eine rundum gelungene Veranstaltung voller Energie, Impulsen und Gesprächen. Unser Dank gilt unseren Partnern AKTIF Unternehmensgruppe, BO4E, conscoo, Fichtner IT Consulting, ITC, KISTERS, Midas Energy, Nexiga, Taktsoft Energy und unserem Medienpartner energate messenger+ – für ihre Expertise, Beiträge und Unterstützung.
Ebenso danken wir allen Referentinnen und Referenten für ihre spannenden Vorträge und allen Teilnehmenden für den offenen Austausch.
Let’s stay CONNECTed!