Die Netznutzungsentgelte 2025 sanken gegenüber dem Vorjahr bereits eher unerwartet und deutlich, nachdem Belastungen aus Netzgebieten mit hohem Anteil von EE-Anlagen umverteilt wurden (vgl. Newsletter NNS Nr. 121). Für das Jahr 2026 werden nun erneut deutliche Senkungen erwartet, nachdem die Bundesregierung einen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt in Höhe von 6,5 Milliarden Euro zu den Übertragungsnetzentgelten angekündigt hatte (vgl. Newsletter NNS Nr. 122). Da sich die Höchstspannungsnetzentgelte nicht in voller Höhe auf die nachgelagerten Netzebenen übertragen lassen, gab es unterschiedliche Prognosen zur Auswirkung auf die einzelnen Kundengruppen. Für Privathaushalte wurde beispielweise eine Spanne von 1,2−2 ct/kWh erwartet.
Aktuell liegen die ersten Preisblätter 2026 für die Verteilnetze vor. Zwar haben erst wenige Unternehmen vorläufige Entgelte veröffentlicht, darunter sind aber einige Betreiber mit den größten Netzflächen. Die neuen Preise betreffen daher 8.851 Postleitzahl-Ort-Kombination bzw. 60,6 Prozent der stromversorgten Gebiete und sind damit vergleichsweise repräsentativ.
Nach Auswertung der neuen Preisstellungen zeichnen sich tatsächlich massive Entgeltsenkungen an. Gewerbebetriebe werden demnach je nach Abnahmefall um zwischen ‑16,3 und ‑28,7 Prozent weniger Durchleitungsgebühren entrichten müssen. Bestätigt sich dieser Trend, könnte die Bundesregierung ihr Versprechen einer Entlastung von Stromkunden nicht nur für die Industrie erfüllen.
Abnahmefall
[kWh, kW] | Kundengruppe | Spannungsebene | Netzkosten 2026
[€] | Netzkosten 2025
[€] | Veränderung
[%] |
1.500 kWh | Haushalt | NSP o LM | 195,03 | 225,55 | -13,53 |
40.000 kWh | Gewerbe | NSP o LM | 2.762,39 | 3.524,76 | -21,63 |
100.000 kWh 35 kW | Gewerbe | NSP m LM über 2500 h Benutzungsstunden | 7.305,29 | 8.722,99 | -16,25 |
100.000 kWh 50 kW | Gewerbe | NSP m LM unter 2500 h Benutzungsstunden | 8.200,35 | 9.811,16 | -16,42 |
400.000 kWh 150 kW | Gewerbe | MSP m LM über 2500 h Benutzungsstunden | 20.483,79 | 28.722,17 | -28,68 |
400.000 kWh 200 kW | Gewerbe | MSP m LM unter 2500 h Benutzungsstunden | 22.345,74 | 31.358,99 | -28,74 |
Aber auch Haushaltskunden können sich Hoffnungen auf sinkende Rechnungen machen. Ein Musterhaushalt (SLP) mit einem jährlichen Stromverbrauch von 4.000 kWh bezahlt im Jahr 2026 im nach Netzgröße gewichteten Durchschnitt 361,52 Euro an den Verteilnetzbetreiber (9,04 ct/kWh). Das sind rund 17,8 Prozent weniger als im Vorjahr, der Kilowattstundenpreis sinkt damit um ‑1,95 Cent.
Bisher findet sich noch kein Preisblatt mit steigenden oder unveränderten Entgelten. Die deutlichste Reduzierung dagegen nimmt die E.DIS Netz in ihren Netzen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern vor. Hier sinken die Preise um ‑29,3 Prozent von 433,69 auf 306,49 Euro, was insgesamt 994 Postorte betrifft. Auch bei der Avacon Netz werden Stromkunden im kommenden Jahr deutlich entlastet, hier um ‑26,8 Prozent von 452,63 auf 331,43 Euro pro Jahr. Im Netzgebiet liegen 551 Postorte in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen.
Prozentuale Veränderung der vorläufigen Netzentgelte Strom 2026 gegenüber 2025
Abnahmefall: Familien-Haushalt, 4.000 kWh/Jahr, SLP, Niederspannung
Die geringste Senkung nimmt nach aktuellem Stand die Westnetz vor (-3,7 % von 492,54 auf 474,55 EUR). Das Netzgebiet mit Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen erstreckt sich über 1.587 Postorte in fünf Bundesländern und ist nach vorläufigem Stand das teuerste. Die vergleichsweise kleinen Stadtwerke Elbtal in Sachsen reduzieren die Entgelte etwas deutlicher um ‑7,7 Prozent von 333,22 auf 307,62 Euro. Davon profitieren allerdings nur Netzkunden in zwei Postorten.
Die niedrigsten bisher veröffentlichten Netzentgelte finden sich bei der NordNetz in Schleswig-Holstein. In sieben Postorten zahlen Familienhaushalte sehr niedrige 238,33 Euro im Jahr (-22,3 %). Ähnlich günstig zeigt sich die Preisstruktur der LEW Verteilnetz in Bayern mit 247,96 Euro (-22,3 %, 271 Postorte). Fast doppelt so viel zahlt ein Familienhaushalt trotz Senkung um ‑10,5 Prozent im Verteilgebiet der Syna mit Sitz in Hessen. Für den betrachteten Abnahmefall werden 449 Euro fällig, was für 392 Postorte in vier Bundesländern gilt. Grundsätzlich auffällig ist, dass vornehmlich Bundesländer im Osten im kommenden Jahr von niedrigen Netzentgelten profitieren werden.
Preisniveau der vorläufigen Netzentgelte Strom 2026
Abnahmefall: Familien-Haushalt, 4.000 kWh/Jahr, SLP, Niederspannung
Da alle Preisblätter als vorläufig veröffentlicht wurden, können sich zum Jahreswechsel noch Änderungen ergeben. Die hier errechneten Durchschnittswerte können sich nach Veröffentlichung weiterer Netzentgelte ebenfalls noch verschieben. Zudem steht die Kostensenkung auf breiter Fläche noch unter dem Vorbehalt sinkender Übertragungsnetzentgelte und somit einer Zustimmung des Bundestags zu einem Zuschuss aus dem Haushalt. Am heutigen Tag beriet das Parlament in erster Lesung über die Regierungsinitiative. Nach der Debatte wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen, insbesondere an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie.
Allem Vorbehalt zum Trotz stehen die Zeichen auf Wettbewerbsbelebung. Im Laufe des Oktobers werden weitere Preisblätter sowie die Höhe der gesetzlichen Umlagen bekannt gegeben und ermöglichen wettbewerbsfähige Kalkulationen. Stromvertriebe, deren Tarife die sinkenden Fremdkosten einpreisen, haben gute Chancen auf Kundengewinnung und die Ausweitung ihrer Vertriebsgebiete.
Methodik: Alle Preise verstehen sich netto. Der durchschnittliche spezifische Arbeitspreis der Netzentgelte wurde nach Netzgröße (Anzahl der angeschlossenen Postleitzahl-Ort-Kombinationen) gewichtet, sofern nicht als Netzbetreiber-Durchschnitt angegeben. In den Berechnungen wurden nur Netzbetreiber berücksichtigt, die bereits ein vorläufiges Entgelt für 2026 bekanntgegeben haben. Der spezifische Kilowattstundenpreis setzt sich zusammen aus den Netzkosten (Arbeitspreis + auf die Jahresarbeit umgelegter Grundpreis) und den Kosten für das Messsystem (Standardmesskonfiguration). Graue Flächen kennzeichnen Gebiete ohne veröffentlichte vorläufige Entgelte.